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Mittwoch, 31. Dezember 2014

Walter Kardinal Kasper: Neuevangelisierung als christliche Antwort auf eine neue Situation

Ich bin sehr begeistert von dem Buch Mission als Herausforderung - Impulse zur Neuevangelisierung. Aktuell und theologisch sehr kompetent beschreiben die katholischen Autoren Historie und Gegenwart der Kirche und liefern wertvolle Beiträge für die Erneuerung der Kirche. Zum Thema "Was ist Neuevangelisierung?" schreibt Walter Kardinal Kasper:

"Die neue Evangelisierung will die christliche Botschaft, die Europa erst zu Europa gemacht hat, die Europa heute aber zu vergessen droht, neu zur Geltung bringen und sie neu und gestaltend in die Auseinandersetzung der Zeit einbringen. (...) Es geht darum, den Glauben im Heute für das Morgen neu aufzuschließen und mit der Erneuerung des christlichen Lebens Sauerteig zu sein für die Erneuerung Europas und der Welt. Die neue Evangelisierung ist also die christliche Antwort auf eine neue Situation." ~ Walter Kardinal Kasper in: Mission als Herausforderung S. 33

Quelle
Augustin, George & Krämer, Klaus (Hg.) 2011. Mission als Herausforderung. Impulse zur Neuevangelisierung. Freiburg: Herder. 

Dienstag, 30. Dezember 2014

3 Punkte um das neue Jahr missional zu starten


Silvester und die ersten Tage ins Neue Jahr sind meistens Zeiten, in denen jede Familie so seine eigenen kleinen Feiern veranstalten. Doch ich glaube, dass diese Zeit auch eine Möglichkeit ist, seine Nachbarschaft besser kennenzulernen und Beziehungen zu bauen.
Unsere missionale Entdeckergruppe aus Riedlingen hatte sich daher vorgenommen dieses Jahr vor Silvester einen kleinen Glühwein-Hock zu veranstalten. Eingeladen war jeder aus unserer Straße. Glühwein, Kinderpunsch und eine Feuerschale - mehr brauchten wir nicht. Fast jeder aus der Straße war dabei und wir erlebten eine lustige Zeit zusammen. Es ist schön, wenn Nachbarschaft so gelebt werden kann und Einzelne sagen: "Toll, dass wir in so einer familiären Nachbarschaft leben können!"


Drei Dinge kannst du dir für die nächsten Tage vornehmen:

  1. Halte Ausschau nach den Dingen die Gott in deiner Nachbarschaft tut und woran du anknüpfen kannst. Wir wussten, dass unsere Nachbarn es mögen sich auf der Straße zu treffen und ein "Schwätzchen" zu halten. Also gaben wir ihnen die Möglichkeit dazu.
  2. Lade deine Nachbarn zu dir ein. Auf deinen Hof oder in dein Wohnzimmer. Schaffe Gemeinschaft und Möglichkeiten sich zu freuen und gemeinsam zu lachen in dem du das Zusammenleben deiner Nachbarschaft mit gestaltest. Scheu dich dabei nicht die einzuladen, die ein wenig anders sind und noch nicht so richtig in die Nachbarschaft integriert sind.
  3. Hilf anderen aus der Nachbarschaft ähnliches zu tun. Sei eine Inspiration oder ein Ansporn für andere. Durch unseren Glühwein-Hock wurde eine Nachbarin dazu motiviert nach Silvester eine Art After-New Year Party Resteverwertungsabend zu veranstalten, wo alle Nachbarn kommen können. 
Unsere Nachbarschaft ist ein Ort wo wir leben, uns entfalten und zuhause sind. Gott möchte uns dort gebrauchen, indem wir Ausschau halten nach den Dingen die Gott dort bereits tut und kreativ unsere Nachbarschaft mitgestalten, das Leben teilen und von Jesus erzählen. 
Einige denken, dass dafür viel nötig ist. Wir haben heute nicht viel benötigt. Glühwein, Kinderpunsch eine Feuerschale und die Bereitschaft zwei Stunden unseres Tages mit unseren Nachbarn zu verbringen. 


Freitag, 26. Dezember 2014

Theologie der Genügsamkeit Teil 2: Vielleicht ist es endlich mal genug!

In meinem letzten Post habe ich die Frage gestellt: "Wann ist genug, genug?" und wie können wir in einer Konsumgesellschaft zu einem genügsamen Leben kommen? In den letzten Tagen wurde mir deutlich, dass dieses Thema nicht so schnell zu bearbeiten ist und dass nicht jeder, der sich als "genügsam" beschreiben würde wirklich "genügsam" ist, weil wir doch alle Teil einer Gesellschaft sind, die uns geprägt und in einer gewissen Weise sozialisiert hat. Nun bin ich kein Soziologe und es soll bei meinen Post auch nicht um sozialwissenschaftliche Beiträge gehen. Ich bin Theologe und als solcher Teil dieser Gesellschaft der seine Fragen hat und auf der Suche nach einer theologischen Antwort ist. Dennoch möchte ich hier auf das Buch von Beate Krais und Gunter Gebauer "Habitus" verweisen, dass mich sehr inspirierte und auf die Komplexität gesellschaftlicher Strukturen und Gewohnheiten hinwies. 

Wann ist genug, genug? Vielleicht ist es endlich mal genug damit, dass der Mensch sich von der Konsumgesellschaft her bestimmen lässt. Vielleicht ist es mal genug damit, dass wir uns nur mangelhaft mit der Problematik auseinandersetzen und zudem der Konsumgesellschaft gestatten jede freie Minute unseres Lebens mit neuen Informationen zu füllen, wie der polnisch-britische Soziologe und Philosoph Zygmunt Baumann in seinem Buch "Leben als Konsum" (original: Consuming Life) feststellt:
Im unbarmherzigen Wettbewerb um die knappste aller knappen Ressourcen (...) suchen die Anbieter potenzieller Konsumgüter, einschließlich der Informationslieferanten, verzweifelt nach jenen noch unbearbeiteten Zeitfenstern der Konsumenten, nach den kleinsten Pausen zwischen Augenblicken des Konsums, (...) (2009:56)
Das Bewusstsein darüber ist ein wichtiger Aspekt auf dem Weg zu einem "genügsamen" Leben. Denn als Teil dieser Konsumgesellschaft ist das "erkennen" wie unsere Gesellschaft funktioniert und steuert gar nicht so einfach. Es ist von Bedeutung, dass der Mensch sich die  Pausen im Leben beibehält, bzw. sie sich neu schafft, damit er Zeit für Reflexion und Regeneration hat.
Wenn Wachsende Mengen an Informationen mit steigender Geschwindigkeit verteilt werden, wird es immer schwieriger, Erzählungen, Ordnungen und Abfolgen von Entwicklungen zu schaffen. Die Bruchstücke drohen die Herrschaft zu erlangen. Das hat weitreichende Folgen für unser Verhältnis zum Wissen, zur Arbeit und zum Lebensstil. (2009:57)
Dies scheint mir besonders wichtig und doch am knappsten zu sein. Wir brauchen mehr Freiräume für Erzählungen und das Betrachten von Entwicklungen innerhalb unseres persönlichen Lebens, aber auch als Gesellschaft. Wir brauchen Platz für Erzählungen, Gottes Erzählungen, damit eine neue Story geschrieben werden kann.
Aber in einer konsumorientierten Gesellschaft, denn so ist sie (sind wir) nunmal strukturiert, wird dies nur begrenzt möglich sein. Des Menschen Lebensstil ist (unbewusst) gestaltet bei einem um den Konsum herum aufgebauten Systems aus dem es unmöglich erscheint als Teil des Systems auszusteigen. Anyway...

Als Christ möchte ich entdecken, wie ich innerhalb dieser einen Wirklichkeit die mir im Hier und Jetzt, innerhalb einer konsumorientierten Gesellschaft begegnet einen genügsamen Lebensstil zu entwickelt. Paulus schreibt:
Ich sage das nicht, weil ich Mangel leide; denn ich habe gelernt, mir genügen zu lassen, wie's mir auch geht. Ich kann niedrig sein und kann hoch sein; mir ist alles und jedes vertraut: beides, satt sein und hungern, beides, Überfluß haben und Mangel leiden; ich vermag alles durch den, der mich mächtig macht. (Philipper 4,11-13)
Ich bin mir sicher, dass Paulus "Freiräume" und genügend Zeit zur Reflexion hatte, wie er es uns auch in schriftlicher Form zeigt. Wir dürfen uns nicht leben lassen, sondern umgekehrt innerhalb einer Konsumgesellschaft eine alternative aufzeigen (gestalten), die wiederum als Quelle nur Gott selbst haben kann. 

Dies hat aber sicher auch seinen Preis.



Quellen

Baumann, Zygmunt 2009. Leben als Konsum. Hamburg: Hamburger.


Sonntag, 21. Dezember 2014

Theologie der Genügsamkeit Teil 1: Einführung

Seit längerem habe ich den Wunsch eine ernsthafte Auseinandersetzung mit einer "Theologie der Genügsamkeit" zu suchen. Dahinter stecken ersthafte Fragen an das Leben, an die Gesellschaft, an die Politik und an meine eigenen Vorstellungen. Wann ist genug, genug? Wann sollte ich mich mit dem zufrieden geben, was ich habe? Und in wieweit beeinflusst diese Thematik unsere Gesellschaft, unsere Ökonomie und unsere Vorstellungen vom Leben und dem Menschsein im Allgemeinen?
Wir leben in einer Welt, in der uns schlicht gesagt weisgemacht werden soll: Es geht mehr! Es ist ganz egal, ob ich durch die Supermärkte gehe oder die Medien einschalte. Der Konsumismus sagt: Versuche mal was anderes. Es gibt mehr. Das war noch nicht alles. Koste das Leben aus, denn es gibt immer wieder was Neues. Folge: Unzufriedenheit. Der Mensch wird (bewusst) an den Punkt gebracht, dass er meint mehr zu benötigen. Das alte iPhone war eigentlich in Ordnung, aber genug ist es nicht. Der Konsument braucht nun das neueste iPhone, denn es kann jetzt noch mehr. Ich habe das mehr zwar bei dem alten iPhone nicht gebraucht, und habe mir bisher auch noch keine Gedanken darüber gemacht, - aber wenn es jetzt mehr kann, dann will ich auch mehr haben! War das alte nicht genug? War es nicht gut genug? Bei der informellen Beschäftigung mit diesem Thema bin ich über ein Vers der Bibel gestolpert, der mich stark zum Nachdenken herausgefordert hat:
Bewahre mich davor, andere zu belügen und zu betrügen. Und lass mich weder arm noch reich werden, sondern gib mir gerade so viel, wie ich brauche. (NLB, Sprüche 30,8)
Ich glaube, dass dieser Vers uns heute mehr denn je herausfordert. Wer oder was vermag darüber zu urteilen wie viel für mich genug ist und was nicht? Wer beurteilt was ich benötige? Und ist das in Zeiten der Individualisierung überhaupt möglich, oder geschweige denn erlaubt? Ich bin doch mein eigener Chef!
Aber vielleicht stimmt es ja wirklich! Vielleicht fordert uns der Vers im heutigen 21. Jahrhundert mehr heraus als wir denken. Denn neueste Studien (u.a. siehe Artikel: Überfluss in Supermärkten) zeigen, dass die rießen Auswahl in Supermärkten und der in unserem Land vorzufindende Wohlstand, sowie der Luxus einer nie endenden Auswahl und Neuerscheinungen, die Menschheit doch nicht so glücklich macht wie zuerst gedacht. Wir sind Teil eines Systems und es ist an der Zeit, dass wir uns darin wieder neu verstehen lernen, um zu dem Leben zu gelangen, wie Gott es sich gedacht hat.
Vielleicht fordert uns der Vers mehr denn je heraus, weil wir bei der ernsthaften Beschäftigung mit dieser Thematik Ernüchterung, Korrektur und eine neue Sicht der Dinge entdecken werden.
Natürlich ist in der Bibel vom Reichen und dessen Notwendigkeit zur Großzügigkeit die Rede (1. Tim 6,18). Der Umgang mit diesen Gaben sollte ein wichtiger Bestandteil der christlichen Lehre in einer Gemeinde sein, weil der Wunsch "reich" zu sein zur Gefahr werden kann (1. Tim 6,9). Die Gefahr besteht, dass wir unseren Wohlstand damit rechtfertigen und uns nicht ernsthaft mit der prophetischen Stimme der Bibel auseinandersetzen. Mir ist bewusst, dass eine "Theologie der Genügsamkeit" sensible Aspekte beinhaltet und nicht durch schwarz/weiß Ausführungen darzustellen ist. Dies ist aber kein Grund die Herausforderung "Grundzüge zu einer Theologie der Genügsamkeit" zu erarbeiten und anzufangen es für unsere heutigen Zeit zu übertragen abzulehnen.

Freitag, 19. Dezember 2014

"little worlds"

Vor ein paar Tagen habe ich mich dazu entschlossen wieder ein Fitnessstudio aufzusuchen. Der Grund dafür ist ganz einfach: Ich bin gerne unter Menschen. Der Grund kann aber auch schlicht und ergreifend gesundheitlicher Natur sein. Ehrlich gesagt, liegt es vermutlich ehr darin begründet. Doch schon beim zweiten Besuch des Studios stellte ich fest, wie gut es ist, andere Menschen dort zu treffen.
Wobei, Menschen zu "treffen" ist vermutlich ein wenig übertrieben. Genau genommen "sieht" man sich dort. Während ich auf dem Crosstrainer stand, viel mehr nämlich auf, dass jeder der in das Fitnessstudio eincheckte sein Handy in der Hand hatte und in die Umkleide ging. Wer aus der Umkleide kam, stellte noch schnell den passenden Song ein, um beim Aufwärmen die richtige Musik zu hören. Wer in den Kraftbereich ging, musste dies vermutlich noch auf Facebook posten. Ein "Wir" oder ein "gemeinsam" war nicht zu spüren. Unterschiedliche kleine Welten in einem Raum. Die eine Welt hat mit der anderen Welt nichts zu tun, sie ist isoliert von der anderen und scheint auch nicht die Absicht zu haben, in dieser Zeit von den anderen Welten etwas zu erfahren. Dabei gibt es doch nur diese eine Wirklichkeit, diese EINE Welt, diesen EINEN Kontext in dem sich die Menschheit "trifft". Und dennoch kann es sein, dass ein System innerhalb dieser EINEN Wirklichkeit den Menschen in eine isolierte eigene Welt sperrt. Ähnlich erlebt man es in einer Wartehalle z.B. am Flughafen, beim Arzt, bei der KFZ-Zulassungsstelle, dem Finanzamt oder schlicht auf dem Schulhof oder nach dem Gottesdienst.
Die Inkarnation (Menschwerdung) Jesu (vgl. Joh 1,14) demonstriert ein Gegenkonzept einer solchen entkörperlichten (exkarnierten) Art und Weise des menschlichen Lebens. Ein Gott der sich entscheidet Teil dieser EINEN Welt zu werden. Bewusst. Es ist ein Gott der in das Leben der Menschen eintaucht. Bewusst. Ein Gott der das Leben der Menschen teilt. Bewusst. Ein Gott der sich für das Leben Einzelner interessiert. Bewusst. Ein Gott der das EINE Leben wählte und in seiner ganzen Lebenszeit ein Beispiel gab, was es bedeutet wahrer Mensch in diesem EINEN Leben zu sein. In einer Welt, in der das bewusste leben mit der einen Wirklichkeit immer mehr an Bedeutung verliert, muss die christliche Gemeinde ihre Aufgabe als Kontrastgesellschaft erkennen: "(...) the Christian community could reveal to the world around us what a truly earthed, communal, relational, embodied experience of life can be like." (Frost 2014:26)
Ein Leben das sich inkarniert, anstatt ein dualistisches Modell von Spiritualität -/- Welt scheint mir für die Zukunft von Bedeutung zu sein. Ein Glaube, der in der Geschichte erfahrbar wird und den Inhalt des Evangeliums mit der Wirklichkeit in Verbindung setzt. Ein Glaube der sich nicht isoliert, sondern das Menschsein innerhalb der einen Wirklichkeit sucht. Bewusst!

Frost, Michael 2014: Incarnate. IVP.